Das Statistische Bundesamt Wiesbaden hat kürzlich in seiner Pressemitteilung interessante Zahlen zum Wert der Vermögensübertragungen durch Erbschaften und Schenkungen veröffentlicht (Pressemitteilung Nr. 403 vom 25. August 2021). Danach haben die Finanzämter in Deutschland im Jahr 2020 Vermögensübertragungen durch Erbschaften und Schenkungen in Höhe von 84,4 Milliarden Euro veranlagt. Das steuerlich berücksichtigte geerbte und geschenkte Vermögen stieg damit um 5,9 % gegenüber dem Vorjahr. Damit erhöhte sich die festgesetzte Erbschaft- und Schenkungsteuer um 19,4 % auf 8,5 Milliarden Euro. Dabei entfielen auf die Erbschaft-steuer 6,8 Milliarden Euro (+14,0 %) und auf die Schenkungsteuer 1,8 Milliarden Euro (+45,8 %).Damit betrug die Steuerbelastung auf diese Erwerbe ca. 10%. Zum Vergleich: Der Eingangssteuersatz bei der Einkommensteurer beträgt 14% und steigt für mittlere Einkommen rasch auf 42% an.
Die Erhöhung der Steuer beruhte zum einen auf einem Anstieg des veranlagten Grundvermögens (unbebaute und bebaute Grundstücke) um 22,5 % auf 32,6 Milliarden Euro. Zum anderen wurden im Jahr 2020 Anteile an Kapitalgesellschaften in Höhe von 5,2 Milliarden Euro (+12,4 %) und land- und forstwirtschaftliches Vermögen von 1,5 Milliarden Euro (+35,8 %) festgesetzt. Das restliche übrige Vermögen erhöhte sich auf 35,7 Milliarden Euro (+17,5 %). Der Rückgang des übertragenen Betriebsvermögens auf 15,6 Milliarden Euro (-20,2 %) führte dazu, dass die festgesetzte Steuer nicht noch höher ausfiel. Aus der Gesamtsumme des übertragenen Vermögens von 90,7 Milliarden Euro ergibt sich nach Abzug von Nachlassverbindlichkeiten das steuerlich berücksichtigte Vermögen von 84,4 Milliarden Euro.
Zwischen den Zeilen angesprochen in dieser Pressemitteilung ist die Begünstigung beim Betriebsvermögen. Nach derzeitiger Rechtslage muss sich der Erwerber beim Erbfall beziehungsweise bei der Schenkung von Unternehmen entscheiden: wählt er die Regel-verschonung, können 85% von der Erbschaftsteuer verschont werden, wenn der Be-trieb fünf Jahre weitergeführt und in diesen fünf Jahren eine bestimmte Lohnsumme von 400% in diesen fünf Jahren nicht unterschritten wird. Bei der Optionsverschonung gelten verschärfte Bedingungen bei der Betriebsfortführung und der Lohnsumme (sieben Jahre; Beibehalten der bislang bezahlten Lohnsumme in den nächsten sieben Jahren, also: 700%). Im Gegenzug wird der Erwerber zu 100% von der Erbschafsteuer verschont. Betriebe bis zu fünf Mitarbeiter sind von der Einhaltung der Lohnsumme komplett befreit. Bei mehreren Beschäftigten gibt es gestaffelte Vergünstigungen: bei sechs bis zehn Mitarbeitern 250% der Lohnsumme bei der Regelverschonung und 500% bei der Optionsverschonung, bei 11 bis 15 Angestellten 300% der Lohnsumme bei der Regelverschonung und 565% bei der Optionsverschonung. Einschränkungen gibt es durch das Verwaltungsvermögen, also Vermögen, das nicht betriebsnotwendig ist (teuere Kunstgegenstände im Büro, nicht betrieblich genutzte Immobilien, Kapital-beteiligungen etc.): das darf bei der Regelverschonung 90% und bei der Options-verschonung 20% nicht überschreiten.
Eine weitere Vergünstigung gibt es durch einen Vorab-Abschlag für Familienunter-nehmen, bei denen aus Gründen der Unternehmenskontinuität und des Unter-nehmenserhalts in den Gesellschaftsverträgen oft Entnahme-, Ausschüttungs- oder Verfügungsbeschränkungen enthalten sind. Ein Vorab-Abschlag in Höhe von bis zu 30% ist dann möglich, wenn zwei Jahre vor und 20 Jahre nach der Übertragung die Entnahme auf maximal 37,5% des Gewinns (abzüglich Steuern auf Einkommen) beschränkt ist, eine Übertragungspflicht auf nahe Angehörige besteht und bei Ausscheiden lediglich eine Abfindung unter dem Verkehrswert vorgesehen ist. Beträgt etwa der Erbanteil am Unternehmen 28 Millionen Euro (begünstigtes Vermögen) und greift der Vorabschlag wegen einer Abfindungsregelung im Gesellschaftsvertrag unterhalb des Verkehrswerts von 30%, wird das begünstige Betriebsvermögen von 28 Millionen Euro um 8,4 Millionen Euro vermindert und beträgt demnach "nur" noch 19,6 Millionen Euro, also weniger als die 26 Millionen Euro.
Liegt der Unternehmenserwerb über 26 Millionen Euro, bestehen weitere Möglich-keiten, die Erbschaftsteuerlast weiter zu vermindern. Beim Verschonungsabschlag muss das gesamte Privatvermögen offengelegt werden: sowohl das bisherige Privatvermögen des Erben bzw. des Beschenkten als auch das geerbte bzw. geschenkte Privatvermögen und das nicht begünstigte geerbte bzw. geschenkte Betriebsvermögen. 50% des ge-samten Privatvermögens müssen für die Erbschaft - und Schenkungsteuerzahlung ein-gesetzt werden. Reicht dies zur Steuertilgung nicht, wird der Restbetrag erlassen, wenn die Haltefrist von sieben Jahren eingehalten und die Lohnsumme konstant geblieben ist.
Will der Erbe bzw. der Beschenkte sein Privatvermögen nicht offenlegen, bleibt lediglich der sogenannte Vermögensabschlag. Grundlage hierfür ist die erwähnte Regelver-schonung (85%-Verschonung) oder die Optionsverschonung (100%-Verschonung). Die Vergünstigung der gewählten Verschonung sinkt um 1% je 750.000 Euro, die den Wert von 26 Millionen Euro übersteigen. Ab 90 Millionen Euro Erbanfall bzw. Schenkung ist diese Abschmelzung aufgebraucht, weshalb alles der Erbschaft- und Schenkungsteuer unterliegt.
Nach § 19a ErbStG kommt eine natürliche Person der Steuerklasse II oder III zudem in den Genuss einer Tarifermäßigung, mit der bei Übertragung eines Unternehmens an entfernte Verwandte oder Dritte eine ähnliche (niedrige) Steuerbelastung wie bei Über-tragung etwa an Kinder in der Steuerklasse I erreicht wird. Die höhere Steuer entfernter Verwandter oder Dritter wird dazu über einen sogenannten Entlastungsbetrag auf das Niveau der Steuerklasse I reduziert. allerdings muss hier der Erwerber das Unter-nehmen mindestens 5 bzw. 7 Jahre fortführen.
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