Der Bundesfinanzhof (BFH) lockert die Voraussetzungen für ein steuerlich anzuerkennendes Arbeitszimmer und belebt das Steuersparmodell des "kleinen Mannes"/ der "kleinen Frau" von Neuem.
Noch bis in die 1990er Jahre erfolgte die steuerliche Abfederung der damals noch hohen Hausfinanzierungskosten aufgrund hoher Hypothekenzinsen (1994: 8,8%) zu einem großen Teil über die Geltendmachung eines häuslichen Arbeitszimmers. Der Gesetzgeber hat darauf reagiert und die steuerliche Berücksichtigung eingeschränkt (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b des Einkommensteuergesetzes -EStG-).
Das häusliche Arbeitszimmer setzt voraus, dass der jeweilige Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird. Nach einem Urteil des BFH aus dem Jahr 2019 ist dabei allerdings unerheblich ist, ob das Arbeitszimmer für die Tätigkeit tatsächlich auch erforderlich ist. Für die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen genügt allein die Veranlassung durch die Einkünfteerzielung (BFH, Urteil vom 3. April 2019, VI R 46/17, https://www.bundesfinanzhof.de/de/presse/pressemeldungen/detail/haeusliches-arbeitszimmer-muss-fuer-die-taetigkeit-nicht-erforderlich-sein). Damit kommt auch ein häusliches Arbeitszimmer bei nur geringfügiger Nutzung in Betracht.
Konkret ging es um eine Stewardess, die ein Arbeitszimmer geltend machte (13,5 qm). Dort bereitete sie sich auf die anstehenden Flüge vor. Für die Arbeiten stand ihr kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Sie hatte vor Ort keine Möglichkeit, sich auf die Flüge vorzubereiten, und nach der Ankunft am Flughafen fehlte ihr die Zeit, sich um die Vorbereitungen zu kümmern. Sie musste sich vor jedem Flug in das System der Fluggesellschaft einwählen, um wichtige Informationen zu erhalten (Dienstpläne, Zollbestimmungen, Route, Sicherheitsvorkehrungen usw.). Im Streitjahr hatte sie 134 Flugtage absolviert. Finanzamt und Finanzgericht lehnten den Werbungskostenabzug ab. Wegen des geringen Anteils dieser Arbeiten im Verhältnis zur Gesamtarbeitszeit sei ein Arbeitszimmer nicht erforderlich, da diese Arbeiten (rund 50 Stunden im Jahr) ebenso an einem Tisch in einem anderen Raum des Hauses hätten erledigt werden können.
Dem folgte der BFH nicht, denn das häusliche Arbeitszimmer muss für die Tätigkeit nicht erforderlich sein. Allerdings verwies der BFH den Fall an die Vorinstanz zurück, da noch geklärt werden muss, ob das Zimmer nahezu ausschließlich zur Einkünfteerzielung und auch nicht für private Zwecke genutzt wurde. Steht genügend sonstige Wohnfläche zur Verfügung, kann der Einwand des Finanzamts, der Raum, werde auch anderweitig privat genutzt, leicht entkräftet werden. Auch die Möblierung ist für die Beurteilung, ob Anhaltspunkte für eine private Nutzung bestehen, entscheidend. Nach dem Urteil haben Betreiber von Photovoltaik-Anlagen, Vermieter und Kapitalanleger, die nicht die Abgeltungsteuer beanspruchen, günstige Voraussetzungen für eine steuerliche Anerkennung eines häuslichen Arbeitszimmers.
Die Entscheidung schließt an ein früheres Urteil vom 8. März 2017, IX R 52/14, an. Bereits dort hat der BFH entschieden, dass der Werbungskostenabzug nicht die Notwendigkeit oder Erforderlichkeit eines häuslichen Arbeitszimmers voraussetzt.
Die Entscheidung bestätigt die allgemein für Betriebsausgaben und Werbungskosten geltenden Grundsätze, wonach der Steuerzahler grundsätzlich frei entscheiden kann, welche Aufwendungen er für seinen Betrieb oder Beruf tätigen will. Die Höhe, Notwendigkeit, Üblichkeit und Zweckmäßigkeit der Aufwendungen ist für die steuerliche Berücksichtigung grundsätzlich unerheblich, sie kann allenfalls ein Indiz für eine private Mitveranlassung sein. Hier kommt es letztlich mit Hilfe eines versierten Beraters auf eine geschickte Argumentation gegenüber dem Finanzamt an.
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