Der Zeitpunkt der Vereinnahmung von Geldern ist im Steuerrecht von zentraler Bedeutung. Für die Umsatzsteuer entscheidet er über die Frage, wann diese bei der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten iSd § 20 Umsatzsteuergesetz (UStG) entsteht (Istversteuerung). Für die Entstehung der Umsatzsteuer gilt das gleichermaßen auch bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten (Sollversteuerung), wenn das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vereinnahmt wird, bevor die Leistung oder die Teilleistung ausgeführt worden ist. Nach dem Entstehungszeitpunkt der Umsatzsteuer richtet sich auch der Wechselkurs, wenn Werte in fremder Währung zur Berechnung der Umsatzsteuer auf Euro umzurechnen sind.
Große finanzielle und praktische Relevanz über die reine zeitliche Zuordnung hinaus hat das Datum der Vereinnahmung, wenn bei einer Überweisung die Buchung und die Wertstellung in unterschiedlichen Kalenderjahren erfolgen. Dies kann sich dann etwa auf den Gesamtumsatz iSd § 19 Abs. 3 UStG und damit auch auf die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG oder für die Gestattung der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten nach § 20 UStG auswirken. Erstaunlich, dass es hierzu kaum Rechtsprechung gibt.
Zum Zeitpunkt der Vereinnahmung bei Überweisungen hat der Bundesfinanzhof nunmehr mit Urteil vom 17. August 2023 Klarheit geschaffen (Aktenzeichen: V R 12/22). Vorliegend war streitig, für welches Kalenderjahr eine Überweisung zuzuordnen war, die am 2.1.02 mit Wertstellung 31.12.01 auf dem Konto des Unternehmers gebucht wurde. Nach Auffassung des Finanzamts war bei der Überweisung der Betrag bereits mit der Wertstellung der „Gutschrift“ auf dem Konto vereinnahmt. Der Unternehmer hielt entgegen, der Betrag sei damit noch nicht vereinnahmt, weil er erst mit der Verbuchung am 2.1.02 habe hierüber wirtschaftlich verfügen können. Dem ist der Bundesfinanzhof (BFH) im Anschluss an das Finanzgericht ebenfalls gefolgt.
Danach liegt bei einer Überweisung eine Vereinnahmung des Entgelts auch dann erst im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Girokonto des Zahlungsempfängers vor, wenn die Wertstellung (Valutierung) bereits zu einem früheren Zeitpunkt wirksam wird. Die Vereinnahmung i.S. von § 13 UStG erfordert, dass der Unternehmer über die Gegen-leistung für seine Leistung wirtschaftlich verfügen kann. Bei Überweisungen kommt es daher zur Vereinnahmung erst im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Girokonto des Zahlungsempfängers. Unerheblich ist, ob die Wertstellung (Valutierung) bereits zu einem früheren Zeitpunkt wirksam wird. Sie betrifft nur die zivilrechtliche Verzinsung und ist für die Vereinnahmung unerheblich.
Bei einer Überweisung auf ein Girokonto ist zwischen dem Anspruch auf Gutschrift, dem Anspruch auf Wertstellung und dem Anspruch aus der Gutschrift zu unterscheiden. Erfolgt die Wertstellung vor dem Tag der Buchung der Gutschrift, steht der Betrag dem Kontoinhaber gleichwohl erst mit der Buchung der Gutschrift zur Verfügung, da er erst ab diesem Zeitpunkt über den Betrag verfügen kann. Das war hier der 2.1.02.
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