Ein Arbeitsverhältnis wird außerordentlich beendet und eine Abfindung gezahlt, ein Sachverhalt, der 1000mal am Tag vorkommt, aber wie ist die genaue Rechtslage bei dem Krankenkassenbeitrag?
Eine normale Recherche über google ergab folgende Antwort:
"Eine Abfindung, die wegen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses als Einmalzahlung geleistet wird, ist in Bezug auf die Krankenversicherung beitragsfrei. Dies gilt sowohl für die gesetzlichen als auch für die privaten Krankenkassen."
Recherchiert man hierzu weiter, stößt man dann auf folgende Hinweise:
"Bei den gesetzlichen Krankenkassen kann aber ein Sonderfall eintreten, wenn Sie sich dort weiterhin freiwillig versichern.
Sonderfall: Abgaben auf Abfindung bei freiwilliger Mitgliedschaft in der gesetzlichen Pflege- und Krankenversicherung
Bei freiwillig Versicherten in der gesetzlichen Krankenkasse gilt eine Abfindung als versicherungspflichtiges Einkommen. Um zu ermitteln, wie hoch die zu zahlenden Beiträge sind, erfolgt eine komplexe Berechnung. Abhängig vom Alter und von der Dauer der Betriebszugehörigkeit sind zwischen 25 % und 60 % der Abfindung beitragspflichtig. Auf der Grundlage des letzten Bruttomonatsgehalts wird so errechnet, wie hoch der monatliche Anteil ist, auf den der Krankenkassenbeitrag anfällt. Dieser Beitrag wird dann monatlich erhoben bis die Abfindung rechnerisch aufgebraucht ist, höchstens jedoch zwölf Monate lang....."
Leider war auch diese Information (https://www.finanztip.de/gkv/krankenkassenbeitrag-auf-abfindungen/abgerufen am 27. März 2022) wenig hilfreich, weil sie die neuere Rechtslage nicht abbildet.
Geht man mal in die Statuten der gesetzlichen Krankenkassen, erhält man folgende Information:
"Abfindungen wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind nach § 4 Nr. 1
Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler vollständig zu berücksichtigen; dies gilt
auch für Entschädigungen ..., die wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt werden. Dies ist als Ausdruck des Gestaltungsspielraumes des Spitzenverbandes rechtmäßig (so auch Bundessozialgericht -BSG- BeckRS 2015, 65072; 2015, 73115). ...."
Bei weiterer Recherche über juristische Datenbanken gelangt man recht schnell zu einer aktuellen Entscheidung des Landessozialgerichts Hamburg (Urteil vom 09. Dezember 2019 – L 1 KR 59/19 WA), die die komplexe Rechtslage anschaulich wiedergibt. Dort heißt es in den Leitsätzen wie folgt:
1. Der Krankenversicherungsbeitrag des freiwilligen Mitglieds der Krankenversicherung hat nach § 240 Sozialgesetzbuch V dessen gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen.
2. Zu den beitragspflichtigen Einnahmen zählen u. a. die vom ehemaligen Arbeitgeber wegen des Arbeitsplatzverlustes gewährten Abfindungszahlungen, weil sie zum Lebensunterhalt verbraucht werden können.
3. Gezahlte Abfindungen sind in voller Höhe der Beitragsbemessung zu unterwerfen. Die Vorschrift des § 240 Abs. 1 S. 2 SGB V lässt eine Begrenzung auf einen fiktiven Arbeitsentgeltanteil nicht zu.
Daher gilt: Größte Vorsicht bei Aufhebungsvereinbarungen. Vor abschließenden Verhandlungen und insbesondere vor Unterschrift unter eine Aufhebungsvereinbarung sollte immer erst fachkundiger Rat eingeholt werden. Keine Unterschrift ohne Bedenkzeit! Es drohen sonst große wirtschaftliche Nachteile.
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